Rampenlicht und Lampenlicht

 

 

 

 

Horst Lettenmayer –

der Analytiker unter den Visionären

 

 

 

  Horst Lettenmayer stand mir Rede und Antwort – das Interview führte ich anlässlich der Ausstrahlung des 800. Tatorts. Mittlerweile steht der 1000. Tatort an. So lange hat es gedauert, Horst Lettenmayers facettenreiche Laufbahn zu skizzieren! Seiner Person und seinem Wirken gerecht zu werden …!

 

 

  Fünf Jahre, 200 Folgen, etliche Gespräche und zig-tausend Tassen Kaffee später, ist es nun soweit. Es ist uns Freude und Ehre zugleich, das Vorabporträt, den ersten Teil der Biografie an dieser Stelle zu präsentieren. Bleibt uns noch, allen haute-culture-mode-Besuchern viel Lese-Vergnügen zu wünschen!

 

 

 

  Der 1000. Tatort – mit einer einzigen Konstante: 1000fach derselbe Vorspann, 1000 Mal die gleichen Augen                   – ein ganz spezielles Jubiläum

 

 

  Die Ausstrahlung des eintausendsten Tatorts. Wow – was für eine Ära!

  Die Krimireihe, die nicht zuletzt dank des traditionellen Vorspanns den Kultstatus erreicht hat. Selten war sich die TV-Landschaft so einig, wie beim Festhalten an dieser Titelbildsequenz.

 

 

  Dazu die Musik von Klaus Doldinger, den wir, wie es der Zufall oder sogar die Absicht will, auch in unseren künftigen Beiträgen zum ehemals in München beheimateten Jazz-Club „Domicile“ wiederbegegnen. Es ist immer wieder aufs Neue ein Faszinosum für sich, wie sich Kreise schließen. Auch in der Kultur. 

 

 

  Im Trailer (gedreht auf dem Gelände des ehemaligen Münchner Flughafens in Riem) zu sehen: die Augen eines Mannes, dessen Beine, während er zu entfliehen versucht und seine Arme, mit denen er in ertappter Abwehrhaltung sein Gesicht zu verstecken trachtet, das Auge im Fadenkreuz. Ein Vorspann, der seine ganz eigene Geschichte birgt. Ein Vorspann, der Deutschlands Krimistatus einst auf ein ganz neues Level erhob. Die Einführung als einzige Konstante in 1000 Folgen. Heute, 46 Jahre nach der Erstausstrahlung, gibt es für diesen Vorspann nur noch eine Beschreibung: Kult.

 

 

 

 

  Die Augen, die ganz Deutschland kennt.

 

  Er hat mit aller Wahrscheinlichkeit Deutschlands (wobei auch Österreich und die Schweiz nicht vergessen werden dürfen sowie einige andere Nachbarn wie die Niederlande) bekannteste Augen und nebenbei auch noch die am häufigsten betrachteten „Beine auf der Flucht“. Die berühmten Tatort-Kultaugen, die heute fast noch mehr strahlen wie einst im Scheinwerferlicht auf dem ursprünglichen Flughafengelände München-Riem, (plus, genau genommen, auch die flüchtenden Beine) sind die des ehemaligen Schauspielers und Regisseurs, Horst Lettenmayer (oder, wie er sich einstmals mit seinem Künstlernamen nannte: Horst Letten).

 

 

  Rampen-Licht & Lampen-Fieber – die Ironie des Scheins

 

 

  Worte, die nicht durch puren Zufall zusammentreffen und einander finden. Man mag darüber reflektieren – es sei denn, man bevorzugt die Kunst des Ignorierens.

 

 

  Scheinwerfer- und Rampenlicht tauscht Horst Lettenmayer gegen Lampenlicht. Kreativ gesundes Lampenfieber gegenüber vielfältig geistiger Darbietungen wandelt sich in gesundes Fieber beim geistigen Kreieren einer Vielfalt innovativer Lampen. So findet Lampenfieber zu neuer Bedeutung: denn sein Fieber glüht für Lampen. Und anstelle des mitunter blendenden Rampenlichtes konstruiert er nun die hell erstrahlenden Lichter jenseits jeder (Bühnen-) Rampe. Auch den gleißend lichthellen Schein und das rechtzeitig erleuchtete Sein versteht er zu differenzieren. Er weiß, Leuchtkraft geht von mehr als nur einem Aspekt aus. …

 

 

  Horst Lettenmayer hat nicht nur berühmte Augen, er hat auch ein Auge für das Wesentliche. In seinem Fall kann man mit Fug und Recht behaupten, er hat gar zwei Augen für das Wesentliche – in jeder Hinsicht! Das eine Auge glänzt für den Verstand, das andere strahlt in Leidenschaft. (s. auch Kolumne im M.O.D.Essay)

 

 

  Nach sieben Jahren in der Bühnen- und TV-Landschaft, hat er sich im wahrsten Sinne des Wortes dem Licht verschrieben, wobei auch hier die Kunst keineswegs zu kurz kommt. Zielstrebig hat er sich ein Industrieunternehmen aufgebaut, in dem er sich austoben, wo er seine Ideen und Projekte in die Realität umsetzen kann.

 

 

  Seine bemerkenswerte innere Zufriedenheit kommt nicht von ungefähr. Er besitzt die beneidenswerte Gabe, dass er exakt weiß, was er will. In Situationen, in denen es nicht so gut bis hin zu katastrophal läuft, reagiert er völlig cool und gelassen. Er ist ein Analytiker vor dem Herrn, sachlich und kompetent.

 

 

  Gerade in den frühen Jahren der Unternehmensgründung nahm so manch tragische Situation ihren Lauf – Horst Lettenmayer bewies wiederholt, dass ein kühler Kopf sich anbahnende Desaster doch noch abzuwenden vermag. Denn selbst den  Kontext einer desolaten Begleiterscheinung ignoriert er komplett. Als wenn im Moment fatalster Bestürzung bei ihm überhaupt keine Wahrnehmung stattfindet. Sachlich und analytisch geht er der Ursache auf den Grund … und reagiert!

 

 

  Laut Physik folgt auf jede Aktion eine Reaktion. Doch der menschliche Körper reagiert so manches Mal wie paralysiert, wenn der Kopf respektive die Realisierung des Erlebten die Hirnzellen vorübergehend lahmlegen. Gerade beim Anblick gravierender Ereignisse. Die Reaktion folgt dementsprechend zeitverzögert, wenn überhaupt.

 

 

  Nicht so bei Horst Lettenmayer. Er besitzt die Gabe, im Moment des Geschehens unmittelbar zu reagieren. Sachlich zu reagieren. Sein ansonsten überaus umfangreiches Emotionserleben für den Augenblick gänzlich auszuschalten. Was für die Zweckdienlichkeit freilich weit effektiver ist, als die Reaktion aus dem bloßen Gefühlsschwall heraus. Wenn Emotionen die Übermacht gewinnen, versagt die sachliche Vernunft. Davor bewahrt ihn sein Instinkt. Auf seinen Instinkt konnte sich Horst Lettenmayer seit jeher verlassen.

 

 

  „Ich bin eigentlich nicht cool, aber was ich beginne, das mach ich zu Ende. Hinterher, wenn es erfolgreich war, habe ich mein Motto erreicht: jeden Tag mit einem kleinen Erfolg zu beenden. Ich muss mit einem positiven Gefühl ins Bett gehen, dann ist man morgens auch gut drauf.“

 

 

  In enger Zusammenarbeit mit Horst Lettenmayer entsteht derzeit ein biografisches Werk, das nicht nur seinen beruflichen und teilweise privaten Lebensweg aufzeichnen soll, sondern auch Einblick in die Persönlichkeit des Visionärs nehmen wird. Seine bisherigen Errungenschaften, sein Können und seine Charakterzüge werden dabei ebenso untersucht, wie seine Motive und seine Philosophie. …

Auszüge hiervon werden wir in schöner Regelmäßigkeit auch an dieser Stelle präsentieren. Das Porträt des Analytikers unter den Visionären.

 

 

  Und siehe da: Einfallsreichtum ist weder eine Zeiterscheinung noch ein auferlegter Fluch. Denn spätestens hier kann man feststellen, dass reichhaltige Quellen der Unerschöpflichkeit existieren. Und, dass sie im inneren Frieden und in der Gelassenheit, sprich: in mentaler Ausgeglichenheit verborgen, nur darauf warten, in Form einer prächtigen Fontäne zu sprühen.   

 

 

  Mit seinem Beleuchtungsunternehmen BETEC hat der prinzipiengetreue Horst Lettenmayer ein Lebenswerk geschaffen. Was er erreichen wollte, hat er erzielt und doch ist er mit seinen schöpferischen Einfällen noch lange nicht am Ziel. Sein Ideenreichtum scheint schier unerschöpflich und so gestalten sich Endpunkte nur zu Zwischenetappen. Wenn der imaginäre Zielrichter die schwarz-weiß karierte Zielflagge für ihn schwenkt, biegt Horst Lettenmayer bereits schon wieder auf den Weg zu einer neuen Startlinie ein.

 

 

  Der Visionär hat viel Pionierarbeit geleistet und das auf den unterschiedlichsten Gebieten. Seine Vielseitigkeit hat sich für ihn ausbezahlt, aber eigentlich geht es ihm lediglich darum, sich zu verwirklichen. Der Weg ist das Ziel! Und die Richtung gibt er selbst vor.

 

 

 

  Obgleich sich Horst Lettenmayer selbst als hochemotionellen Menschen betrachtet, ist er in erster Linie Kopfmensch. Ratio besitzt bei ihm oberste Priorität! Dadurch bleibt er gelassen, ohne, dass er eine unterkühlte Persönlichkeit wäre. Nicht im Geringsten!

 

 

  Immer wieder stoßen wir bei ihm auf Gegensätze, die sich tatsächlich nicht widersprechen. Er ist höchst cool, doch keineswegs kaltherzig. Er reagiert emotionslos, aber das wiederum mit viel Gefühl. Er ist vom Naturell her kein Spieler und spielt dabei so gerne – mit den Möglichkeiten, die das Leben bietet.

 

 

 

  Freiheit als höchstes Gut

 

 

  Näher betrachtet stellt Horst Lettenmayer fest, dass er im Hinblick auf Gesellschaftsspiele, also beispielsweise Karten- oder Brettspiele, schrecklich ungern spielt, worunter seine beiden Kinder aus erster und zweiter Ehe eher zu leiden hatten.

 

 

  „Das ist ganz merkwürdig und war immer ein Mangel, wenn ich zu Hause war. Ich habe nie gerne mit denen gespielt. Ob das Brettspiele waren, ob das sonst was war. Gerade im Urlaub war es immer sehr schwer für mich. Irgendwie fehlt mir da die Geduld und die Ausdauer! Ich kann es nicht so beeinflussen, wie ich möchte.“

 

 

  Das mag sehr eigenwillig klingen, aber sieht sich Horst Lettenmayer in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt, wenn er dem Spielzug seines Gegenübers willkürlich ausgesetzt ist?

 

 

  „So ist es! Weil ich quasi von meinem vis-à-vis abhängig bin. Zumindest in gewisser Weise, nicht wahr?!“

 

 

  In anderen Worten: er will alles alleine machen. Sein Schicksal gar selbst bestimmen und vermutlich sind ihm dabei auch eingrenzende Spielregeln im Wege. Er braucht seine Freiheit, wie andere die Luft zum Atmen. Bei allem, was ihn limitiert, bekommt er das ungebändigte Gefühl, ausbrechen zu müssen.

 

 

  Obgleich er wiederum sehr gerne spielt, wenn es darum geht, spielerisch eine Lösung für ein Problem zu kreieren. Er spielt alle Möglichkeiten durch. Aufgeben ist dabei keine Option!! Er spielt sich schier in einen Rausch hinein, bis er zum greifbaren Ergebnis gelangt.

 

 

  „Ich nehme ein Stück Metall und probier mich daran, so lange bis es was wird. Das ist alles spielerisch, was ich da tue – ganz eigenartig.“

 

 

  Nur mit den Kinderspielen, in denen feste Vorgaben den Ton und die Geschwindigkeit angeben, da hapert’s halt.

 

 

  „Obwohl ich mit Kindern sehr gut umgehen kann. Das hat ja nicht zuletzt meine Tätigkeit mit dem jugendlichen Theater gezeigt. Da gehört einiges dazu, so verwöhnte Strolche jede Woche zu dir herzuholen und vor Aufführungen drei Mal die Woche über mehrere Stunden zu begeistern. Das waren jugendliche Laien. Die haben es nicht nötig, zu rackern. Die haben auch nichts zu verlieren, wenn’s nicht hinhaut. Doch dann waren sie so infiziert und enthusiastisch, durch ihren eigenen Erfolg, den sie erzielt haben … – Das war schon toll!“

Horst Lettenmayer leitete über etliche Jahre und mit großem Erfolg das „Junge-Jüdische Theater“ in München. Auch hier sammelte er wertvolle Impressionen von Erlebnissen und Erlebtem, die seinen Erfahrungsschatz noch einmal reicher gestalteten.

 

 

  Horst Lettenmayer besticht durch seine äußerst angenehme Art und auch durch einnehmenden Charme. Aggressivität ist ihm fremd. Was nicht bedeutet, dass er nicht auch durchaus hart durchgreifen kann. Wenn nötig, scheut er keine unpopuläre Entscheidung. Wobei er dabei jedoch stets großen Wert auf Fairness und auch auf Loyalität legt! Er bezeichnet sich selbst als „versöhnlichen“ Menschen, dem Gerechtigkeit sehr wichtig ist.

 

 

  Nur eines liegt ihm absolut NICHT: das was er selbst mit dem Begriff „flattieren“ charakterisiert. All den Lesern, denen der schweizerische Ausdruck eher fremd erscheint, sei in anderen Mundarten erklärt: Horst Lettenmayer ist kein Schleimer, kein Schmeichler, kein Schöntuer, kein Süßholzraspler, kein Hofierer, kein Scharwenzler und kein Brei-um-den-Mund-Schmierer. Kurz und gut, er ist kein optimaler Geschäftsmann.

 

 

  Auf meinen Einwand hin, dass dies ja nicht gerade die ideale Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg ist, bestätigt Horst Lettenmayer zumindest den, wenn auch nur beiläufig erspähten Besitz eines vortrefflichen kaufmännischen Instinkts. Was in seinem Fall offensichtlich vollauf Genüge tut.

 

 

  Erstaunlich, aber wahr: sein beeindruckender Erfolg beruht nicht auf Schaumschlägereien und Luftblasen (oder sonstigen Politiker-Qualitäten), sondern auf Authentizität und Wissen.

 

 

  Gehirn und Gefühl gehen Hand in Hand, geleitet vom Instinkt und dieser bestätigt, dass Reaktion tatsächlich als Nachfolger der Aktion zu fungieren vermag. Das liegt in erster Linie daran, dass die Rezeptoren in seinem Gehirn voller Auffassungsfreude den anzudockenden Impulsen und Signalen entgegenblicken. So blickt Horst Lettenmayer mit offenen Augen denn auch bewusst voll genussträchtiger Neugierde und antizipierender Vorfreude auf jeden neuen Tag. Und all sonntäglich vom Wohnzimmer-TV-Bildschirm dem Tatort-Zuschauer entgegen. 

 

 

 

© Julie Nezami-Tavi

 

Fotos copyright by Julie Nezami-Tavi

 

 

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